Persönliche Erklärung nach §31 GO BT zur zweiten und dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs zur Verbesserung der Rückführung

Mit dem „Rückführungsverbesserungsgesetz“ setzt die Bundesregierung Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenzen vom Mai und November 2023 um.

Das Gesetz regelt das Vorgehen bei zwangsweisen Abschiebungen. Dabei müssen die Eingriffe in Grundrechte verhältnismäßig sein. Das gilt in besonderem Maße bei freiheitsentziehenden Maßnahmen. Die vorgenommene Ausweitung der Dauer des Ausreisegewahrsams und die Einführung neuer Haftgründe lehne ich ab.

Im Rahmen der Kompromissfindung mit der verpflichtenden Beiordnung eines fachkundigen Rechtsbeistands bei Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam wird der Rechtsschutz gestärkt. Das ist insofern notwendig, da schon bislang ein großer Anteil der Abschiebehaftanordnungen rechtswidrig waren. Die Pflichtbeiordnung ist ein essenzieller Schritt zu mehr Rechtsstaatlichkeit bei freiheitsentziehenden Maßnahmen von Personen, die keine Straftat begangen haben. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen werden grundsätzlich nicht mehr in Abschiebehaft genommen.

Nur aufgrund dieser Verbesserungen kann ich dem Gesetz nach schwieriger Abwägung zustimmen. Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Personen muss der Fokus im Übrigen immer auf der freiwilligen Ausreise liegen.

Teil des Gesetzespakets ist die Verlängerung des Grundleistungsbezugs im Asylbewerberleistungsgesetz von 18 auf 36 Monate, die auf den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 6. November 2023 zurückgeht. Diese Regelung ist aus verfassungsrechtlicher Sicht äußerst fragwürdig. Vor allem die eingeschränkten Gesundheitsleistungen werden bei den Betroffenen zu einer Verschlechterung ihrer Lebenssituation führen.

Ich lehne die Regelung aus humanitären Gründen ab. Außerdem zeigen Studien, dass die Einschränkungen der Gesundheitsversorgung unter anderem durch eine vermehrte Inanspruchnahme von Notaufnahmen langfristig gesehen mehr Kosten verursachen, als Kosten einzusparen. Auch die Teilhabechancen von Kindern werden durch den längeren Bezug verminderter Leistungen eingeschränkt. Die öffentlich vielfach geäußerte Behauptung, dass sich durch verminderte Leistungen Migration steuern lasse, halte ich für falsch.

Im Rahmen der Verhandlungen konnte glücklicherweise erreicht werden, dass der verlängerte Grundleistungsbezug nicht rückwirkend gilt. Wer bereits Bürgergeld oder Sozialhilfe bezieht, wird durch die Änderung nicht betroffen sein.

In der Abwägung aller Aspekte stimme ich dem Gesetzentwurf trotz schwerer Bedenken zu.


Prof. Dr. Armin Grau

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