Ewigkeitschemikalien PFAS – Stellungnahme zur Pressemitteilung der Industrieverbände VDA, VDMA und ZVEI

Drei große Industrieverbände – VDA für die Automobilindustrie, ZVEI für die Elektro- und Digitalindustrie sowie VDMA für den Maschinen- und Anlagenbau – haben in einer Pressemitteilung Stellung bezogen gegen den aktuellen Regulierungsantrag der Substanzgruppe PFAS, auch bekannt unter dem Begriff Ewigkeitschemikalien. Die Verbände wenden sich gegen ein pauschales PFAS-Verbot und plädieren für eine differenzierte Betrachtung der Gruppe mit über 10.000 Stoffen. Ohne PFAS drohe der Energie- und Mobilitätswende eine Vollbremsung. Sie fordern, dass die Stoffe, für die es aktuell noch keinen Ersatz gebe und solche, von denen kein Risiko für Mensch und Umwelt ausgehe, der Industrie weiterhin zur Verfügung stehen sollten. PFAS, von denen Risiken für Mensch und Umwelt ausgingen, sollten demgegenüber kontinuierlich substituiert werden, wie es bereits heute gängige Praxis sei.

(Die Pressemitteilung von VDA können Sie hier nachlesen.)

Dazu erklärt der Grüne Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Armin Grau, Mitglied im Gesundheits- und Umweltausschuss und Berichterstatter für Chemikalienpolitik:


„Deutschland hat gemeinsam mit vier weiteren europäischen Ländern bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) einen sehr differenzierten Antrag zur Regulierung der Substanzgruppe PFAS eingereicht. Demnach sollen PFAS, für die es heute schon Ersatz gibt, z.B. in Kleidern oder Lebensmittelverpackungen, sehr rasch ersetzt werden. Für PFAS ohne heutigen Ersatz sollen Übergangsfristen bis zu 13,5 Jahren gelten. Dies stellt ein kluges, gestuftes und keineswegs unverhältnismäßiges Vorgehen dar. Leider war es in der Vergangenheit so, dass PFAS, bei denen eine gesundheits- umweltschädliche Wirkung nachgewiesen wurde, sehr häufig durch andere PFAS ersetzt wurden, für die zunächst noch keine so einhegenden Daten vorlagen („regrettable substitution“). Daher ist es richtig, jetzt die gesamte Substanzgruppe zu regulieren. Für keine der rund 10.000 PFAS-Substanzen kann heute einfach von einer Unbedenklichkeit ausgegangen werden und für viele PFAS wurde ihre stark gesundheitsschädliche Wirkung klar nachgewiesen. Dies reicht von Diabetes mellitus und Unfruchtbarkeit bis zu Krebs. Auch langkettige PFAS und sogenannte Fluorpolymere, wie sie in vielen technischen Geräten zur Anwendung kommen, sind nicht einfach unbedenklich, da bei ihrer Herstellung andere PFAS entstehen und sie später zu solch niedermolekularen PFAS abgebaut werden können, für die Schädlichkeit belegt ist.
Wir haben es heute mit drei großen Krisen zu tun: der Klimaerhitzung, dem Artensterben und der Verschmutzungskrise. Zu den beiden letztgenannten Krisen tragen Chemikalien wie PFAS bei. Wir müssen alle drei Krisen konsequent, parallel und mutig angehen und dürfen sie nicht gegeneinander ausspielen. Aktuell sprechen sich 90% der Deutschen für nachhaltiges Wirtschaften aus. Ich plädiere dafür, dass EU, Nationalstaaten und Industrie gemeinsam jetzt intensive Forschungsanstrengungen unternehmen, um die PFAS, für die heute noch keine Alternativen bestehen, möglichst schnell ersetzen zu können. Industrie und Wissenschaft sollen gemeinsam das tun, worin gerade in Deutschland ihre Stärke liegt: Innovations- und Forschergeist walten lassen zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts und dem Erhalt der Industriearbeitsplätze.


Zum Hintergrund:
PFAS, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, werden auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet, weil sie in der Natur nicht vorkommen und nicht oder kaum abbaubar sind. Sie werden seit den 50er Jahre in vielen Bereichen breit eingesetzt: in wetterbeständigen Kleidern wie Outdoor-Jacken, in Kosmetika, Zahnseide, beschichteten Pfannen, Lebensmittelverpackungen, Löschschäumen und vielem mehr. Eine kürzlich veröffentlichte große Studie hat gezeigt, dass Boden und Grundwasser an viel mehr Stellen in Deutschland mit PFAS belastet sind, als zuvor gedacht.
PFAS kommen v.a. über die Nahrung, aber auch durch die Luft in den menschlichen Körper und können an der Entstehung von hormonellen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Erkrankungen der Eierstöcke, Unfruchtbarkeit oder Schilddrüsenerkrankungen beteiligt sein, aber auch zu Leberstörungen, Störungen des Immunsystems, fetalen Entwicklungsstörungen und auch Krebs beitragen und die Sterblichkeit erhöhen. Analysen gehen von vielen tausend Toten pro Jahr in Verbindung mit erhöhten PFAS-Werten aus und jährlichen gesundheitsbezogenen Folgekosten in Milliardenhöhe.

(Quelle unter anderem: THE COST OF INACTION)

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