Pressemitteilung: Armin Grau (Grüne) zum Abschlussbericht der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin

Über die Ursachen von Unfruchtbarkeit von Frau und Mann diskutieren – den Fünf-Punkte-Plan der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen konsequent umsetzen

Viele junge Paare in Deutschland können keine Kinder bekommen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass weltweit eine von sechs Personen während ihres Lebens von Unfruchtbarkeit betroffen ist. Trotz Kinderwunsch bleiben in Deutschland etwa 12-15% der Partnerschaften kinderlos. Vor diesem Hintergrund findet zurzeit eine Diskussion darüber statt, ob in der Bundesrepublik Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch durch Eizellspende und altruistische Leihmutterschaft der Weg zur Elternschaft eröffnet werden soll. Im Dezember 2023 hat die Bundesregierung einen 5-Punkte-Plan zum Schutz vor hormonell schädlichen Substanzen veröffentlicht. Hormonell schädliche Substanzen können zu Unfruchtbarkeit und unerfülltem Kinderwunsch beitragen. Durch die Bundesregierung wurde eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin eingesetzt, die die Möglichkeiten zur Legalisierung von Eizellspende und altruistischer Leihmutterschaft prüfen sollte. Diese hat sich im März 2023  konstituiert und hat heute ihren Abschlussbericht präsentiert.

Dazu erklärt der grüne Bundestagsabgeordnete und Arzt Armin Grau, Mitglied im Gesundheits- und Umweltausschuss:

„Wir brauchen eine verstärkte öffentliche Sensibilisierung für die schädigende Wirkung von hormonell schädlichen Substanzen (Endokrine Disruptoren). Diese Substanzen tragen in bedeutsamer Weise zu Unfruchtbarkeit und unerfülltem Kinderwunsch bei. Es ist sehr wichtig, den Schutz gegenüber diesen Schadstoffen in Deutschland zu verbessern, dazu trägt der 5-Punkte-Plan der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädlichen Substanzen bei.
Die Diskussion zu allen Fragen der reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin ist sehr wichtig, gerade für die vielen jungen Paare mit unerfülltem Kinderwunsch. Als Umwelt- und Gesundheitspolitiker vermisse ich bislang eine stärkere Debatte über die Frage, warum immer mehr junge Frauen und Männer unter Sterilität oder Infertilität, also Zeugungs- oder Empfängisunfähigkeit leiden. Die deutschsprachigen medizinischen Fachgesellschaften betonen, neben weiteren Ursachen, die schädlichen Einflüsse von Toxinen und Umweltschadstoffen auf Fertilität und Schwangerschaft. Es gibt starke Hinweise darauf, dass hierbei Endokrine Disruptoren, die in vielen Alltagsprodukten stecken, eine wichtige Rolle spielen. Vor allem Weichmacher in Plastik, sogenannte Phthalate und Bisphenole, häufige Inhaltsstoffe in Plastik und Thermopapier, und bestimmte Pestizide sowie die Ewigkeitschemikalien PFAS (Per-und polyfluorierte Alkylsubstanzen) spielen hier eine Rolle. In zahlreichen Studien wiesen Menschen mit herabgesetzter Fruchtbarkeit höhere Belastungen mit EDCs auf. Manche der Substanzen wie PCBs (Polychlorierte Biphenyle) wurden schon vor Jahrzehnten verboten, bleiben aber sehr lange in der Umwelt bestehen und schädigen bis heute die menschliche Gesundheit über die Kontamination von Böden und Gewässern.

Es ist im Alltag sehr schwierig, sich hormonwirksamen Substanzen zu entziehen. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es jedoch Hinweise darauf, dass einige Maßnahmen wirksam sein können, um die Exposition gegenüber EDCs zu reduzieren. So empfiehlt die amerikanische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin Männern und Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter, soweit wie möglich, jede Exposition gegenüber EDCs in Lebensmitteln, Luft, Wasser und persönlichen Pflegeprodukten zu reduzieren. Ohne eine klare Kennzeichnungspflicht können die Bürgerinnen und Bürger dies allerdings nur begrenzt leisten, weshalb hier, neben umfassenden Informationskampagnen, zuerst angesetzt werden sollte. Wir haben im Koalitionsvertrag bereits angekündigt, den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu stärken und die Forschung zu endokrinen Disruptoren zu verstärken. Politisch ist es jetzt unsere Aufgabe, benutzerfreundliche Verbraucherinformationssysteme über potentiell gefährliche Inhaltsstoffe, sowie Anreizsysteme zur Minimierung von Plastikverpackungen und für eine schadstofffreie Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Ein wichtiger Schritt des 5-Punkte-Plans ist, dass Produkte, die EDCs enthalten, bei bestehenden Umweltzeichen (wie dem Blauen Engel) ausgeschlossen werden.  Zu den Maßnahmen sollten auch die Umsetzung der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit und ein verbessertes humanes Biomonitoring gehören. Zudem braucht es für wirksame Verbesserungen einen starken Vollzug aller sechzehn Bundesländer. Denn: die reproduktive Gesundheit der Menschen in Deutschland zu verbessern ist eine Gemeinschaftsaufgabe.“

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