Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ein kleines Kind will wissen, wie Duschgel schmeckt, und schluckt in einem unbeobachteten Moment eine unbekannte Menge. Rasch stellen sich Übelkeit, Brechreiz und Blässe ein. Die behandelnde Ärztin oder parallel schon die Eltern rufen beim nächstgelegenen Giftinformationszentrum an, um nach Rat zu fragen. Die sieben Giftinformationszentren der Länder, kurz GIZ, bieten kompetente ärztliche telefonische Beratung für Verbraucher*innen und medizinisches Personal bei Vergiftungen aller Art an, im Falle des Duschgels genauso wie bei Lebensmittelvergiftungen. Bürgerinnen und Bürger und medizinisches Personal erhalten durch dieses Angebot rund um die Uhr schnellen und professionellen ärztlichen Rat. Vielen Dank an dieser Stelle an die Mitarbeiter*innen der Giftinformationszentralen in unserem Land!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Aber die Informationen über solche Vergiftungen werden zurzeit unabhängig voneinander in den Zentren und im Bundesinstitut für Risikobewertung gesammelt und nur im Einzelfall zusammengeführt. Eine systematische Erfassung und Auswertung erfolgt in der Regel nicht. Dadurch haben wir heute einen unzureichenden Überblick über das tatsächliche Vergiftungsgeschehen in Deutschland. Zur Behebung dieses klaren Defizits richten wir jetzt mit dieser Novelle des Chemikaliengesetzes ein zentrales Vergiftungsregister beim Bundesinstitut für Risikobewertung ein.
(Beifall der Abg. Linda Heitmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist eine wichtige Gesetzesinitiative, die das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hier vorlegt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Giftinformationszentren werden die Daten zu allen (C) Vergiftungsanfragen außer solchen mit Arznei- und Betäubungsmitteln
(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
und mit alkoholischen Getränken systematisch erfassen und an das Bundesinstitut weiterleiten. Das stärkt den Gesundheitsschutz und den Verbraucherschutz. Wir bekommen einen besseren Überblick über das Vergiftungsgeschehen in unserem Land, können Gesundheitsgefahren frühzeitig erkennen, erforderliche regulatorische Maßnahmen einleiten und ihren Erfolg messen. Ich zitiere aus einem Koalitionsvertrag:
„Zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei Vergiftungen richten wir beim Bundesinstitut für Risikobewertung ein nationales Vergiftungsregister ein.“
Zitat Ende. – Das ist aber nicht aus dem Koalitionsvertrag der Ampel, sondern aus dem der letzten GroKo. Da stand was Richtiges drin – ganz ohne Frage. Das hat die damalige Regierung aber nicht umgesetzt. Jetzt wollen Sie von der CDU davon nichts mehr wissen. Jetzt reden Sie von bürokratischem Mehraufwand und einem nicht ersichtlichen Nutzen für die Bevölkerung.
(Dr. Anja Weisgerber[CDU/CSU]: Ja, ist halt so!)
Auch hier zeigt sich wieder, wie Sie Oppositionsarbeit betreiben – die letzte Aussprache hier war ja sozusagen eine rühmliche Ausnahme –, nämlich in Schlangenlinien, inkonsequent und oft ohne Kompass. Ihre eigenen guten Ideen aus der letzten Legislaturperiode lehnen Sie ab, wenn wir sie jetzt umsetzen.
(Beifall der Abg. Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Da klatschen ja nicht mal die eigenen Leute!)
Es gibt keine unnötigen bürokratischen Aufwände in diesem Gesetz. Im Wesentlichen werden solche Daten gesammelt und weitergeleitet, die die Giftinformationszentren bereits jetzt schon erheben. Damit wird sichergestellt, dass die Beratungsqualität und die Beratungsschwierigkeit in der Akutsituation die gleiche bleibt und von einer fortlaufend verbesserten Datenbasis profitiert.
Den Behörden werden verlässliche Daten an die Hand gegeben, um Risiken im Umgang mit Produkten, die uns im Alltag umgeben, zu erkennen und kleinzuhalten; das erhöht die Sicherheit für alle Verbraucherinnen und Verbraucher.
Im parlamentarischen Verfahren, für das ich mich an der Stelle auch noch mal recht herzlich bedanke, wurden auch die Bedenken der Länder durchaus aufgenommen. Die Lastenteilung bei der Datenerhebung wurde sachgerecht gestaltet und berücksichtigt die knappen ärztlichen Ressourcen der Giftinformationszentren, die gezielt entlastet werden. Speziellere Informationen, die im Notfall gar nicht erhoben werden müssen, nicht abgefragt werden können und nicht so schnell zur Hand sind, werden vom Bundesinstitut nacherhoben. Außerdem wurde mit den Ländern eine um ein Jahr verlängerte Übergangsfrist vereinbart.
Viele Giftinformationszentren begrüßen die Einrichtung des Registers ausdrücklich; ich habe mit mehreren von ihnen auch gesprochen. Ich werbe deswegen darum, diese Änderung des Chemikaliengesetzes für mehr Gesundheits- und Verbraucherschutz breit mitzutragen.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP