Unter dem Titel „Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum“ fand am 19. Juli 2023 in der Hardthütte in Hundsdorf ein informativer und konstruktiver Austausch statt. Der Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen Westerwald und Prof. Dr. Armin Grau, Mitglied des Bundestages, hatten Ärztinnen und Ärzte aus den Verbandsgemeinden Ransbach-Baumbach, Wirges und Höhr-Grenzhausen sowie Mitglieder zu einem Diskussions- und Grillabend eingeladen.
Der Kreissprecher André Butscheike hieß alle Gäste in einer entspannten Atmosphäre willkommen und leitete zum Vortrag von Prof. Dr. Armin Grau über. Das Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages hatte sich im Vorfeld der Veranstaltung ein persönliches Bild von einzelnen Gesundheitseinrichtungen im Westerwaldkreis gemacht und gab zunächst einen Überblick über die gegenwärtige Gesundheitsversorgung in der Region. Hierbei zeigte der Professor für Neurologie, dass er es versteht, seine hohe medizinische Fachkompetenz in das politische Handeln einzubringen. In seinem Vortrag wies er auf die noch stabilen Zustände bei der niedergelassenen Ärzteschaft in den nördlichen und südlichen Verbandsgemeinden des Westerwaldkreises hin. In den zentral gelegenen Verbandsgemeinden Selters, Wallmerod und Westerburg hingegen müssen die Patientinnen und Patienten bereits heute zum Teil weite Wege zu den Praxen in Kauf nehmen. Gleichzeitig betonte Armin Grau, dass in einzelnen Fachbereichen, wie beispielsweise der Kinderheilkunde, im gesamten Westerwald bereits heute Unterversorgung besteht, die zukünftig noch weitere Fachbereiche erfassen wird.
Ausgehend von dieser Analyse machte Armin Grau deutlich, dass für zahlreiche der aufgezeigten Probleme in verschiedenen europäischen Ländern und in deutschen Kommunen bereits zuverlässige Konzepte entwickelt wurden. Er zeigte, dass Kommunen bereits heute Medizinische Versorgungszentren (MVZ) einrichten können, um zur lokalen bedarfsgerechten Versorgung beizutragen. Ein gutes Beispiel sei das MVZ in Katzenelnbogen im Rhein-Lahn-Kreis. Ebenso könnten Kommunen vor oder während des Studiums mit Stipendien und Ausbildungsangeboten frühzeitig junge Ärztinnen und Ärzte von ihrem Standort überzeugen. Politische Veränderungen seien dabei notwendig, um die Gesundheitsversorgung flächendeckend effizienter zu gestalten. In diesem Zusammenhang stellte Armin Grau die für das kommende Jahr geplante Krankenhausreform in ihren Grundzügen vor. Hierbei betonte er, dass er und Bündnis 90/Die Grünen keine rigorose Schließung von zahlreichen Klinikstandorten unterstützen. Die gesetzlichen Änderungen sollen hingegen einen umfassenden Transformationsprozess anstoßen. Als zentrales Anliegen der Reform nannte er die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen mehreren Kliniken und die Abkehr von einem für alle Beteiligten ruinösen Wettbewerb um Fallzahlen. In Zukunft müsse die Qualitäts- und Patientenorientierung wieder zum zentralen Element der Gesundheitsversorgung werden. Hierzu werde das Gesetz den Krankenhausbetrieb zukünftig weniger finanziell abhängig von Fallpauschalen machen. Stattdessen sollen die Kosten, die Kliniken bei der Vorhaltung der medizinischen Leistungen entstehen, zu einem hohen prozentualen Anteil bezahlt werden. Armin Grau unterstrich, dass durch eine intensivere Kooperation zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten vor allem im ländlichen Raum Versorgungsprobleme verringert werden könnten. Diese engere Verzahnung sollte insbesondere ambulante Behandlungen in Krankenhäusern fördern.
Zum Abschluss hob Armin Grau hervor, dass durch eine stärkere Förderung von Gesundheitserhaltung und Präventionsmaßnahmen die Zahl der Behandlungsleistungen deutlich reduziert werden könnte. Die sich anschließende Diskussion bot den anwesenden Ärztinnen und Ärzten eine Plattform, um alltägliche Herausforderungen aus ihren Arbeitsbereichen aufzuzeigen und eigene Vorschläge zur Krankenhausreform sowie zu allgemeinen gesundheitspolitischen Themen einzubringen.
„Wir sind mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert, um das Gesundheitssystem in ländlichen Räumen zukunftsfähig zu gestalten“, resümierte der Sprecher André Butscheike zum Ende des Abends. „Es erfordert jetzt das proaktive Handeln aller politischen Entscheidungsträger auf Bund-, Länder- und Kommunalebene. Ebenso müssen alle Beteiligten im Gesundheitswesen den dringend notwendigen Transformationsprozessen offen begegnen. Nur so kann dieser zentrale Teil der Daseinsvorsorge auch in der Zukunft für alle Bürgerinnen und Bürger sichergestellt werden.“