„Der Grüne Sozial- und Gesundheitspolitiker Armin Grau kommentiert die Forderungen von Marcel Fratzscher nach einer Rentenreform wie folgt:
Erhöhung des Renteneintrittsalters trifft vor allem Ärmere
In der Rheinischen Post hat Marcel Fratzscher eine Rentenreform gefordert, die sicherstellen soll, dass „die Rente nicht noch stärker von Jung zu Alt und von Arm zu Reich umverteilt wird. Das Renteneintrittsalter muss steigen, und die Rentenerhöhungen in der Zukunft müssen geringer ausfallen, damit die junge Generation nicht noch stärker belastet wird“. Er hat Recht, wenn er von der künftigen Kleinen Koalition eine Rentenreform einfordert. Die Forderungen nach einer Erhöhung des Renteneintrittsalters und nach geringeren Rentenerhöhungen sind allerdings für die von ihm formulierten verteilungspolitischen Ziele kontraproduktiv.
Eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters trifft vor allem ärmere Menschen, denn sie haben im Schnitt eine geringere Lebenserwartung und halten berufsbedingt seltener bis zum Rentenalter durch. Für sie fällt bei einer Erhöhung ein deutlich größerer Anteil ihrer verbleibenden Zeit im Ruhestand weg. Eine Erhöhung des Rentenalters ist für sie eine reine Rentenkürzung. Mit anderen Worten: mehr Umverteilung von Arm zu Reich.
Geringere Rentenerhöhungen treffen vor allem diejenigen, die mit ihrer Rente gerade noch oberhalb der Armutsschwelle liegen und durch die geringere Erhöhung plötzlich darunter rutschen. Das belastet wiederum die Sozialsysteme bei der Grundsicherung im Alter. Die Arbeitnehmer*innen müssen die entstehende Lücke durch private Altersvorsorge füllen – ohne hälftigen Arbeitgeberbeitrag, was Menschen mit niedrigen Einkommen oft kaum möglich ist. Entlastet werden also in erster Linie die Arbeitgeber. Mit anderen Worten: mehr Umverteilung von Arm zu Reich.
Und auch den Jungen helfen beide Maßnahmen nicht: Sie bekommen für etwas weniger Beiträge später deutlich weniger Leistung in der gesetzlichen Rente. Denn auch ihr Renteneintrittsalter würde erhöht, und vor allem ihre Rentenhöhe wäre es, die geringer ausfallen würde. Weniger für Vorsorge ausgeben müssten sie deshalb nicht, sondern tendenziell eher mehr. Denn eine private Vorsorge ist entweder deutlich riskanter oder deutlich niedriger verzinst.“