Am 6.01.2024 war ich am Speyerer Dom zur Dreikönigskundgebung der Bürgerinitiative David „Keine Schwerlasttrasse durch die Vorderpfalz“ eingeladen. Anbei finden Sie meine Rede zum Thema:
„Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Schwerlasttrassen-Bewegte,
mein Name ist Armin Grau, ich bin Grüner Bundestagsabgeordneter aus Altrip hier im Rhein-Pfalz-Kreis.
Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung, hier bei Ihrer Kundgebung sprechen zu können.
Ich bin Mitglied im Gesundheits- und im Umweltausschuss im Bundestag, nicht im Verkehrsausschuss, aber natürlich bewegt mich das Thema Schwerlasttrasse sehr, zumal ich viele Jahre kommunalpolitisch in der Region aktiv war und viel mit verkehrspolitischen Themen zu tun hatte und das Thema bewegt mich natürlich gerade auch unter umwelt- und unter gesundheitspolitischen Aspekten.
Es ist gut und wichtig, dass Sie sich als Bürgerinitiative David gegründet haben und die Planungen zur Schwerlasttrasse aus linksrheinischer Sicht sehr kritisch begleiten. Es ist eine große Stärke unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, dass wir solche Großprojekte mit früher Öffentlichkeitsbeteiligung gestalten, breite Diskussionen entlang der Entscheidungsfindung ermöglichen und am Ende bei Bedarf auch der Rechtsweg offen steht.
Ich sage das sehr bewusst, all das ist nämlich nicht selbstverständlich in unseren Zeiten mit einer Erstarkung des Rechtspopulismus und einer rechtsextremen Partei.
Sie haben die heutige Veranstaltung unter den Titel „Können wir uns DB-Großprojekte wirklich leisten?“. Der Titel hat ja einen gewissen provokanten Unterton, den ich durchaus verstehen kann.
Ich bin gebürtiger Stuttgarter, lebe zwar schon seit den späten 70er Jahren nicht mehr in der Stadt, habe aber die Diskussionen um Stuttgart 21 auch in meiner Familie sehr intensiv mitbekommen. Dieses Projekt geht jetzt seinem Abschluss entgegen, es war aber ein DB-Großprojekt, das aus meiner Sicht und Grüner Sicht immer falsch war, viel zu teuer, zu wenig effizient, mit hohen Risiken und einem ganz problematischen Kosten-Nutzenverhältnis. Es war ein DB-Großprojekt, das wir uns nicht hätten leisten sollen, das falsche Projekt, zur falschen Zeit.
Damals vor über 20 Jahren hieß es bereits, steckt das Geld doch lieber in sinnvollere Projekte wie den Ausbau der Rheintalstrecke, in die Verbindung Rotterdam-Genua. Mit diesem Projekt sind wir viel zu spät dran, dafür hätten wir die Weichen viel früher stellen müssen.
Wir Grüne waren immer dafür, Güter von der Straße auf die Schiene zu holen und dafür notwendige Bahnstrecken auszubauen.
Heute stehen wir vor dem großen Dilemma, dass das Schienennetz marode ist und wir sehr viel Geld brauchen, um die bisherige Bahninfrastruktur zu ertüchtigen; als Vielfahrer mit der Bahn weiß ich ein Lied davon zu singen, was das marode Gleisnetz im Alltag bedeutet.
Über Jahre haben wir unsere Infrastruktur kaputtgespart, über viele Jahre haben wir viel zu wenig investiert in Gleise und Weichen, aber auch in alte Autobahnbrücken oder den Ausbau der Glasfaserleitungen. Wir haben dem Götzen „Schwarze Null“ gehuldigt und vieles in unserem Land vernachlässigt.
Jetzt in Zeiten knapper Kassen müssen wir das im Schweinsgalopp nachholen und gleichzeitig auch wichtige Ausbauprojekte wie die Rheintalstrecke finanzieren. Dafür haben wir in Berlin wichtige Weichen gestellt: Die Hälfte der Mittel aus der deutlich angehobenen LKW-Maut fließt in die Finanzierung der Schiene, das ist eine ganz wichtige Reform, der LKW-Verkehr finanziert jetzt die Schiene mit, ein umfassender Paradigmenwandel.
Also klare Antwort: Ja wir können und wir werden uns große Bahn-Projekte leisten, aber es müssen eben die verkehrspolitisch richtigen sein. Bei der neuen Rheintalstrecke kommt es v.a. darauf an, die richtige Trasse zu finden. Dazu gleich.
Sie sprechen auf Ihrer Ankündigung das Problem des enormen Flächenverbrauchs durch die Schwerlasttrasse an. Das ist richtig. Wir leben hier in einem hochverdichteten Raum und haben wenig Flächen, die noch zur Verfügung stehen. Aber wir betreiben auch in unserer Region seit Jahrzehnten eine Politik der massiven Versiegelung, verbreitern Autobahnen, weisen Wohnbau- und Gewerbegebiete aus selbst in hoch- und druckwassergefährdeten Gebieten. Die Flächenknappheit darf am Ende aber kein Argument sein gegen wirklich wichtige Infrastruktur-maßnahmen. Am Ende müssen wir aber tatsächlich auch anfangen, uns Gedanken zu machen, wo wir im Gegenzug entsiegeln können.
Sie sprechen die Gesundheitsbelastung durch Lärm an, da treffen Sie bei mir als Gesundheits- und Umweltpolitiker auf offene Ohren. Beim Lärmschutz darf es keine falschen Kompromisse geben. Lärm ist für Mensch und Tier eine gewichtiger Krankheitsfaktor. Lärmbelastung für die Bevölkerung muss ein wichtiger Entscheidungsfaktor bei der Trassenauswahl sein und bei Lärmschutzmaßnahmen darf am Ende kein Euro gespart werden.
Sie wissen, zunächst wurden 50 Trassenvarianten in die Planung einbezogen, inzwischen sind es noch 8, davon 2 mit teilweise linksrheinischem Verlauf. Planerisch ist es richtig, zunächst alle Optionen mit zu bedenken, einfach weil sonst bei möglichen Gerichtsverfahren Defizite im Planungsverfahren geltend gemacht werden könnten.
Die beiden linksrheinischen Varianten haben erkennbar große Nachteile:
Sie sind sehr aufwändig, weil sie 2 Rheinquerungen beinhalten würden, eine davon mit einer langen Tunnelstrecke unter Ludwigshafen hindurch, einer Stadt mit enormen Altlasten im Boden durch die chem. Betriebe der Stadt. Das ist riskant und sehr teuer und klingt überhaupt nicht nach optimalen Kosten-Nutzen-Verhältnissen; außerdem würde der zusätzliche Bauaufwand erhebliche zusätzliche klimaschädliche Wirkung entfalten.
Ein Teil der Strecke würde entlang der B9 führen, durch das Limburgerhofener Bruch, einem schützenswerten Biotop und bei der Querung zurück über den Rhein wären potentiell wichtige Erholungsgebiete betroffen.
Außerdem wäre eine Anbindung des Mannheimer Haupt- und Güterbahnhofs nicht gewährleistet.
Alles in allem bin ich sehr optimistich, dass am Ende die Entscheidung nicht für eine der linksrheinischen Varianten fallen wird. Da mag man sagen, das sagt der Mann als Bewohner des linken Rheinufers und hat da die kommunalpolitische Brille auf. Aber auch unabhängige Verkehrsexperten in meiner Fraktion kommen zu dieser Einschätzung.
Wichtig ist es, in der Debatte keine Ängste zu schüren und keine falsche Emotionalisierung hineinzubringen.
Also zusammengefasst: Ja, wir brauchen eine zusätzliche Bahntrasse, um mehr Güter und Personen mit der Bahn transportieren zu können, die Straßen zu entlasten und klimaschädliche Emissionen einzusparen. Dabei muss die Variante gewählt werden, die die geringsten negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur hat und das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis beinhaltet. Und ich bin sehr optimistisch, dass bei diesen Betrachtungen die linksrheinischen Varianten nicht den Vorzug erhalten. Ich bleibe gerne im Dialog mit Ihnen und bin dafür gerne ansprechbar.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“