Bei der Demonstration der Landwirte in Ludwigshafen habe ich eine Rede gehalten.
Lieder ging sie unter den Buhrufen und im Pfeifkonzert etwas unter.
Daher hier gut nachlesbar:
Sehr geehrter Herr Zehfuss, sehr geehrte Landwirtinnen und Landwirte,
vielen Dank für Ihre Einladung und vielen Dank hier ein paar Worte sagen zu können und dafür, dass Sie mir zuhören.
Sie kommen heute hier zusammen, weil Sie sehr unzufrieden sind mit den Vorschlägen der Bundesregierung zu Kürzungen bei den landwirtschaftlichen Subventionen. Ursprünglich sollten gleich zwei Subventionen gestrichen werden, die Zuschüsse zum Agrardiesel und die KFZ-Steuerbefreiung.
Und ich muss sagen: ich habe Ihren Frust gut verstanden. Sie treiben Existenzsorgen um und die Entscheidung in Berlin kam ohne große Ankündigung, ohne Übergangsfristen und gleich in doppelter Härte.
Gleichzeitig muss ich aber auch sagen, dass gewisse Formen des Protests gar nicht gehen: Demos vor Privathäusern von Ministerinnen, Vorkommnisse wie die um Minister Habeck an der Fähre in Schleswig-Holstein am letzten Donnerstag oder Galgen bei Demos, wer das macht, der verlässt unseren gemeinsamen politischen Boden und nützt der eigenen Sache gar nichts. Von diesen Protestformen muss sich der Bauernverband ganz klar distanzieren.
Sie leisten als Berufsgruppe sehr Wichtiges, sie stellen die Ernährung sicher und sie tun das in Zeiten, in denen es viele Umbrüche und Krisen wie die Klimaerhitzung und das Artensterben gibt und viele alte Gewissheiten in weiten Teilen unserer Gesellschaft unsicher geworden sind. Sie machen Ihren Job alle sicherlich nach bestem Wissen und Gewissen und dafür zolle ich Ihnen meinen Respekt.
Die Agrarpolitik von CDU/CSU hat seit Jahrzehnten dem massiven Höfesterben einfach zugesehen. Zwischen 2005 und 2021 haben 140.000 Höfe die Landwirtschaft aufgegeben. Dagegen versucht die grüne Agrarpolitik, der deutschen Landwirtschaft eine Zukunft zu geben, denn jeder Hof zählt! Dafür kämpfen wir Grüne sind in der Bundesregierung.
Ein paar Worte zum Hintergrund in Berlin. Sie wissen, dass die Haushaltsprobleme der Ampel-Regierung herrühren vom so nicht erwarteten Urteil des BVerfG. Das Urteil zwingt uns, im Haushalt rund 17 Mrd € anders zu finanzieren. Das ist für uns in Berlin keine einfache Aufgabe. Mir ist es da sehr wichtig, dass wir nicht bei den Sozialausgaben kürzen, das Haushaltsproblem darf nicht von den Schwächsten in unserer Gesellschaft getragen werden.
Wir Grünen haben immer gesagt, dass wir klimaschädliche Subventionen abbauen wollen, weil sie Fehlanreize setzen und Klimaschutz eine ganz wichtige Aufgabe für uns alle ist. (Nordddeutschland) So wird die Plastikabgabe ab 2025 nicht mehr aus dem Bundeshaushalt bezahlt und die Ticketsteuer im Flugverkehr erhöht; das ist richtig so. Dem fossilen Diesel wird nicht die Zukunft gehören, auch nicht in der Landwirtschaft, und deswegen wird er auch nicht immer weiter subventioniert werden können; aber wir brauchen sicher auch Anreize und Förderungen für den Umstieg in der Landwirtschaft. Politik und Landwirtschaft müssen gemeinsam klären, wo es lang gehen soll, welche Rolle elektrische Antriebe und Strom am besten Solarstrom von Ihren Dächern, welche Rolle Wasserstoff oder Kraftstoffe aus hydriertem Pflanzenöl, der HVO-Diesel spielen sollen und können.
Wir reduzieren die klimaschädlichen Subventionen um rund 3 Milliarden und wir haben Ihnen als Landwirten davon zunächst rund 900 Millionen € zugemutet.
Ja, das war tatsächlich ein zu großer Anteil für eine Berufsgruppe. Und wir haben den Abbau der beiden Subventionen schlagartig und nicht in Stufen gemacht.
Daher habe ich Ihren Protest und Ihren Unmut gut verstehen können. Und ich bin ganz bei Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der davon gesprochen hat, dass da eine Schmerzgrenze überschritten war und die Maßnahmen eine Überforderung für Sie, die Landwirte waren.
Auch deswegen habe ich es für klug gehalten, langsam und stufenweise bei einem Abbau der Subventionen in Ihrem Bereich vorzugehen. Auch Umweltverbände wie der BUND haben für eine stufenweise Umsetzung plädiert.
Cem Özdemir hat erfolgreich für Sie gekämpft und jetzt haben wir eine gute Lösung, die KfZ-Steuerbefreiung bleibt und die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel wird in 3 Schritten reduziert. Die Rückvergütung für 2023 bleibt vollständig erhalten. Sie werden auch nicht an anderer Stelle nochmals zur Kasse gebeten, das wären falsche Behauptungen.
Wir sollten jetzt den Wind aus der Debatte hinübernehmen und über die Zukunft der Antriebe in der Landwirtschaft diskutieren, da brauchen wir ihren Sachverstand. Deutschland soll in 21 Jahren klimaneutral wirtschaften. Da müssen wir alle unseren gerechten Anteil übernehmen und den Kompromiss jetzt halte ich für gerecht.
Ich bedanke mich, dass Sie mir zugehört haben. Ich wünsche Ihnen noch eine gute Veranstaltung und muss leider direkt zum nächsten Termin.