Gedanken zur Corona-Epidemie: Was es jetzt zu tun gilt

Die Corona-Epidemie hält uns alle in Atem. Viele Menschen haben zurecht Angst vor einer Ansteckung, vor einer schwereren Erkrankung oder sogar vor dem Tod. Das geht natürlich auch Menschen so, die im Gesundheitssystem arbeiten. Gefährdet sind vor allem Ältere. Aber auchbei etlichen Jüngeren wird in diesen Tagen deutlich, dass sie Risikofaktoren besitzen, die schwerere Verläufe wahrscheinlicher machen.
Das Wichtigste, was wir alle in der momentanen Situation tun können, ist Abstand voneinander zu halten. Die Ausgangsbeschränkungen und die anderen Maßnahmen, die von Bund, Ländern und Kommunen getroffen wurden, sind richtig. Nur solche Maßnahmen erlauben eine Verlangsamung der Ansteckungsraten und geben damit den Krankenhäusern und den anderen Einrichtungen im Gesundheitswesen Zeit, Vorbereitungen zu treffen.
Die Einschränkungen unserer persönlichen Freiheitsrechte treffen uns alle schwer, sie sind der Schwere der Gefahr aber angemessen; je konsequenter wir jetzt alle handeln, desto wirkungsvoller sind die getroffenen Maßnahmen.
Die Corona-Epidemie trifft in Deutschland auf ein starkes Gesundheitssystem. Ich teile diese zur Zeit oft kolportierte Ansicht, dass unser Gesundheitssystem eines der leistungsfähigsten der Welt sein dürfte. Seine größten Stärken sind die hohe Zahl an Ärzt*innen, an Krankenhausbetten und an Praxen, sowie die gute Zugänglichkeit der Gesundheitsleistungen Aber: unser Gesundheitswesen besitzt leider auch viele Schwächen. Durch eine fehlgeleitete Ökonomisierung besitzt es an vielen Stellen nicht die Handlungsfähigkeit, die jetzt wünschenswert wäre. Zu nennen ist hier der Mangel an Pflegekräften, an denen in unangemessener Weise seit Jahrzehnten gespart wird und die fehlende gemeinsame Planung von Krankenhaus- und ambulantem Sektor orientiert am regionalen Bedarf. Hierzu können Sie/ könnt Ihr unter der Rubrik „Gesundheit“ mehr lesen. „Corona“ könnte am Ende auch eine Chance sein, schneller zu sinnvollen Verbesserungen zu gelangen, aber das ist ein Thema für übermorgen.
Insgesamt bin ich aber davon überzeugt, dass unser Gesundheitswesen den Menschen im Land eine best mögliche Versorgung in der Krise wird bieten können – einfach weil alle hoch motiviert sind und auch in der Krise improvisieren können und über sich hinauswachsen werden.
Aktuell bereiten wir uns in den Krankenhäusern intensiv vor, in dem wir weniger dringliche Behandlungen verschieben, Betten damit vorbereitend leer halten, Teile des Personals zum Infektionsschutz als Reserve zu Hause behalten und intensive Schulungen im Bereich Intensivmedizin und Arbeit auf Infektionsstationen schulen (um nur das Wichtigste zu nennen).Mich beeindruckt, dass Kolleg*innen mit reduzierter Arbeitszeit sich jetzt melden und aufstocken wollen, dass Ärzt*innen, die früher in unserer Klinik gearbeitet haben, oder auch Student*innen sich melden und fragen, ob sie mithelfen können. Das stärkt mein Vertrauen in unsere Handlungsfähigkeit.
Aktuell ist mir Folgendes ganz wichtig:
  • Ich beobachte, dass viel weniger Patient*innen notfallmäßig zu uns kommen als sonst. Ich vermute, viele haben Sorgen sich in einer Notambulanz anzustecken und verschleppen dann andere wichtige Erkrankungen. Wir haben in den Notambulanzen getrennte Wege eingerichtet für potentiell infektiöse und für andere Patient*innen. Haben Sie also Vertrauen. Wer akut schwerer krank ist, sollte nicht auf medizinische Hilfe verzichten!
  • In Italien, Spanien und im Osten Frankreichs brechen die Gesundheitssystem unter der Zahl der Corona-Infizierten zusammen. Die EU hat in dieser Krise bislang versagt und der europäische Gedanke nimmt Schaden. Gesundheitspolitik ist Sache der Einzelstaaten, das muss auch so bleiben. Anders ist esaber im Bereich Katastrophenschutz, z.B. bei Pandemien. Ein abgestimmtes Vorgehen wird hier in Zukunft unbedingt erforderlich werden. Für den Moment bitte ich alle Verantwortlichen: Lasst uns unseren Nachbarn im Osten Frankreichs helfen, so lange wir das können und so lange wir verfügbare Intensivbetten haben! Baden-Württemberg war hier bereits Vorbild.
  • Es gibt Aufrufe und Maßnahmen, Ärzte aus dem Medizinischen Dienst und kürzlich berentete Ärzte in gesundheitlichen Tätigkeiten in der aktuellen Krise einzusetzen; das ist gut und wichtig. Ich schlage vor, auch einen Appell an alle Pflegekräfte zu richten, die aktuell nicht im Gesundheitswesen tätig sind, aber arbeitsfähig sind. Alle sollten sich überlegen, ob sie nicht Zeit für Tätigkeiten in den Krankenhäusern erübrigen könnten.

Welche Ideen haben Sie/ habt Ihr noch? Schreib Sie mir gerne.

 

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