Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den demokratischen Parteien! Saisonarbeitskräfte sind im Krankheitsfall in Deutschland oft unzureichend abgesichert. Private Gruppenversicherungsverträge decken häufig nicht alle erforderlichen Leistungen ab, auch wenn Sie, Herr Straubinger von der CSU, das nicht wahrhaben wollen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Was denn?)
Krankenhauskosten und andere Rechnungen müssen von den Betroffenen immer wieder selber getragen werden, und das, obwohl die sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen für sie ohnehin schlecht sind.
Saisonarbeitskräfte fallen unter die Regelung der geringfügigen oder kurzfristigen Beschäftigung, wenn sie nicht länger als 70 Tage in Deutschland beschäftigt sind. Damit besteht nicht die reguläre Versicherungspflicht für Beschäftigte in der gesetzlichen Krankenversicherung. Darüber hinaus sind Saisonarbeitskräfte häufig nicht über den unvollständigen und fehlenden Versicherungsschutz informiert.
Ich habe als Arzt im Krankenhaus etliche Saisonarbeitskräfte betreut. In meiner Heimatregion, die auch als „Gemüsegarten der Vorderpfalz“ bezeichnet wird, arbeiten in der Landwirtschaft viele Saisonarbeitskräfte. Besonders problematisch war es immer wieder dann, wenn schwerwiegende Erkrankungen aufgetreten sind, eine längere Behandlung erforderlich war und die Kostenübernahme eben auch ungeklärt war.
Auch für Ärztinnen und Ärzte ist das regelmäßig eine sehr schwierige Situation, die tief in Fragen der Berufsethik hineinreicht. Wir mussten leider davon ausgehen, dass bei einer Verlegung in die Heimatländer dort die medizinische Versorgung auch nicht ausreichend gewährleistet war.
Der aktuelle Zustand ist nicht akzeptabel und entspricht auch nicht den sozialstaatlichen Ansprüchen in einem Land wie dem unseren. Dabei geht es nicht um eine Stigmatisierung von Arbeitgebern, liebe CDU und CSU.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Menschen, die zu uns kommen, haben wie alle anderen hier das Recht auf eine gute medizinische Versorgung und eine Krankenversicherung, die das ermöglicht und bezahlt. Es darf keine Behandlung zweiter Klasse geben. Darüber hinaus ist Aufklärung mit niedrigschwelligen Angeboten, Anlauf- und Beratungsstellen sehr wichtig.
Umso wichtiger ist es, dass wir im Koalitionsvertrag dazu Regelungen festgelegt haben. Ab dem ersten Tag soll voller Krankenversicherungsschutz für Saisonbeschäftigte gewährt werden.
Meldeverpflichtungen des Arbeitgebers zur Krankenversicherung und Kontrollen alleine sind hier nicht ausreichend. Ziel ist es nun, eine gute Regelung zu finden, die alle erforderlichen Leistungen vollumfänglich einschließt und auch keine Unterschiede zwischen EU- und Nicht-EU-Ausländern macht.
Wir müssen uns als Ampelkoalition jetzt auf den Weg machen und unsere eigenen Vorgaben erfüllen. Da ist es ein glücklicher Umstand, dass beide Ministerien, die hiermit befasst sind, von einer Partei geführt werden. Daher bin ich, liebe Linke, sehr optimistisch, dass wir bald auch einen Gesetzentwurf zu diesem Thema auf dem Tisch haben werden.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)