Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Nach dieser Mischung aus Angstmacherei und Märchenstunde gerade möchte ich jetzt gerne wieder sachlich auf den vorliegenden Gesetzentwurf zurückkommen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist doch sonst immer euer Metier! Das ist doch genau eure Strategie sonst: Angst machen!)
Für Patientinnen und Patienten ist es oft sehr belastend, wenn eine Krankheit sie zwingt, ins Krankenhaus zu gehen; das habe ich als Arzt im Krankenhaus jahrelang selber erfahren. Da wirken gute und verständliche Informationen und ein vertrauensvolles ärztliches Gespräch sehr beruhigend. Genau für diese Informationen sorgen wir jetzt mit diesem wirklich guten Transparenzgesetz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Informationen über Leistungen, Ausstattung, Personalbesetzung und Qualitätsergebnisse schafft dieses Gesetz, wie sein Name sagt, mehr Transparenz für die Menschen in unserem Land. Transparenz bedeutet Durchschaubarkeit. Das Dickicht „Krankenhaus“ wird für viele Menschen durchsichtiger, gläsern. Das mindert Angst, das mindert Sorgen, die oft bestehen, wenn man krank ist und Hilfe braucht. Das Transparenzverzeichnis wird gut zugänglich, verständlich und interaktiv sein. Es wird auch frei sein von interessengeleiteten und einseitigen Mitteilungen. Damit wird es den Menschen in unserem Land helfen, selbstbestimmte Auswahlentscheidungen zu fällen, um eine qualitativ hochwertige Behandlung zu bekommen. Was daran peinlich ist, kann uns vielleicht Die Linke mal erklären; ich habe das nicht verstanden. Es gibt auch heute schon Krankenhausportale. Allerdings entspricht keines davon den genannten Anforderungen. Wir Grüne stehen seit jeher für eine Stärkung der Patientinnen- und Patientenrechte,
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
für gute Aufklärung, für Informationen, und genau dieses Gesetz geht jetzt in die richtige Richtung für die mündigen Bürgerinnen und Bürger.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)
Immer wieder hat man in den letzten Wochen, insbesondere aus dem Süden der Republik, gehört, dass der Bund mit diesem Gesetz Krankenhausplanung durch die Hintertür betreiben wolle. Das ist mitnichten der Fall. Wir setzen hier eins zu eins um, worauf sich Bund und Länder in den Eckpunkten zur Reform geeinigt haben. Da können die Länder jetzt nicht wirklich überrascht sein und Ablehnung signalisieren. Minister Laumann, bekanntlich nicht meine politische Farbe, hat das sehr gut auf den Punkt gebracht: Der Bund greift keineswegs in die Planungskompetenz der Länder ein. – Bei uns in der Ampel zählen die Interessen der Patientinnen und Patienten und nicht verzweifelte Versuche der Selbstdarstellung in Anbetracht anstehender Landtagswahlen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz: Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Ates Gürpinar?
Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, sicher, gerne.
Ates Gürpinar (DIE LINKE): Ich bedanke mich, dass Sie die Frage zulassen. – Herr Grau, ich wollte es Ihnen nur noch mal kurz erklären und die Frage stellen, warum Sie ausgerechnet dieses Gesetz jetzt vorziehen, wo doch andere Probleme im Krankenhausbereich vorrangig sind. Und ich wollte Ihnen noch mal erklären, warum ich das peinlich finde, was hier gerade passiert, weil viel dazu behauptet wurde, was an Transparenz bereits geschieht. Ich sage: Es gibt Notwendigkeiten und Möglichkeiten, die Daten, die existieren, zu vereinheitlichen und auch transparent zur Verfügung zu stellen.
(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Na also!)
Was aber mit dem Gesetz vor allem passiert, ist, die Level-Einteilung, die Herr Lauterbach in der Bund-Länder-Runde nicht hat durchsetzen können, in diesem Gesetz zu installieren, während wir gerade vor einem Krankenhaussterben stehen, wie es die Gesellschaft noch nicht gesehen hat, und es wird von der Linken bis zur Union, von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, Deutscher Krankenhausgesellschaft bis zu Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den Gewerkschaften gemeinsam festgestellt, dass das passiert. Und das Einzige, was Sie tun, ist, alternativ ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das notwendig ist, das aber eine Entbürokratisierung bedingen würde, um es auch transparent gestalten zu können, was aber, wie zu Recht kritisiert wird, nicht passiert. Das ist also notwendig. Nicht notwendig ist aber, dieses Gesetz zuerst innerhalb einer Woche durch den Bundestag zu peitschen, dann innerhalb von drei Tagen eine Anhörung zu machen, um es dann möglichst schnell in die Gesetzgebung einzubringen. Stattdessen sollten Sie ein wirklich notwendiges Gesetz schaffen, das die Krankenhäuser erhält, die Sie mit Leveln labeln wollen. Ich würde vorschlagen: Drehen Sie es um! Schaffen Sie erst die Sicherheit, dass die Krankenhäuser erhalten bleiben, und dann labeln Sie sie! Das war meine Erklärung, warum ich glaube, dass das Gesetz in der jetzigen Geschwindigkeit einfach nur peinlich ist. Vielen, vielen Dank.
Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Gürpinar, durch die Wiederholung werden Ihre Vorwürfe und Unterstellungen nun wirklich nicht besser.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Dieses Gesetz erfüllt wichtige Aufgaben. Darauf wäre ich in meiner Rede auch noch eingegangen; dann bringe ich es an dieser Stelle. Es wurde schon von Vorrednern gesagt: Zur Vorbereitung des Krankenhausgesetzes haben wir heute essenzielle Daten nicht vorliegen,
(Zuruf von der LINKEN: Die liegen doch vor!)
zum Beispiel zur Zahl der mit Fachärzten und anderen Ärzten besetzten Stellen in den Kliniken. Diese Informationen haben wir nicht, und dafür nutzen wir jetzt auch dieses Transparenzgesetz.
Ihre grobe Missachtung der Patientenrechte, die Sie hier dauernd zum Ausdruck bringen, dass Sie es nicht für wichtig halten, dass die Menschen leichten Zugang zu qualitativ wirklich hochwertigen Informationen haben, die sie im Krankheitsfall und bei einer Einweisung ins Krankenhaus nutzbringend für sich selber und ihre Familie anwenden können, verstehe ich nicht.
(Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch nicht! Erstaunlich, dass Die Linke so was mitträgt!)
Warum Sie das so mit Füßen treten und missachten, wird mir absolut nicht klar; das muss ich ganz ehrlich sagen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP) Vizepräsidentin Aydan Özoğuz: Erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage, nämlich von Herrn Sichert aus der AfD-Fraktion?
Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, vielen Dank. Jetzt aber auch noch einen Satz zu dem Antrag der Union. Das Beste daran ist, dass Sie die mittelfristige Wirksamkeit der Krankenhausreform implizit ja anerkennen. Zur kurzfristigen Abhilfe bleiben Sie aber alle Antworten, vor allem die der Finanzierung, komplett schuldig. Die schlechte Lage der deutschen Krankenhäuser ist das Ergebnis Ihres Festhaltens an den DRGs, den Fallpauschalen, in den letzten acht Jahren. Sie können doch nicht ernsthaft glauben, dass wir der bloßen heißen Luft in Ihrem Antrag zustimmen können. Vizepräsidentin Aydan Özoğuz: Erlauben Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Müller aus der CDU/CSU-Fraktion?
(Zuruf von der FDP: Schon wieder?)
Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bitte, sicher. Herr Müller, na klar. Vizepräsidentin Aydan Özoğuz: Jetzt läuft er gerade herum.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Von Axel Müller! Wir haben mehrere Müllers!)
Ich habe schon den richtigen gesehen.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Der hat keine Redezeit bekommen!)
Axel Müller (CDU/CSU): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Grau, ich würde jetzt schon gerne wissen, wie Sie zu folgender Aussage des grünen Gesundheitsministers Manfred Lucha aus Baden-Württemberg stehen. Er sagt nämlich Folgendes:
„Der Entwurf zum Transparenzgesetz in der Form, wie er uns aktuell aus dem Bundesgesundheitsministerium vorliegt, würde eine Vorwegnahme der Krankenhausreform darstellen. Das kann jedoch nicht beabsichtigt sein, da man sich einig ist, dass auch das Transparenzgesetz die Planungshoheit der Länder wahren muss.“
Was sagen Sie zu dieser Aussage Ihres Parteifreundes?
Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich kann da nur noch mal in aller Klarheit wiederholen – ich habe das gerade ja auch schon ausgeführt –,
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
dass wir in keiner Weise hier in die Planungshoheit der Länder eingreifen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das verstehen die Länder bloß nicht! Die sehen es anders! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Leistungsgruppen stehen schon drin!)
Die Level, die wir verwenden, haben informativen Charakter. Die Leistungsbereiche werden später von den Ländern zugewiesen, und sie werden dann in dem Transparenzregister auch so verwendet werden, wie es die Länder zuweisen. Da gibt es keine Konkurrenz. Da passt kein Blatt zwischen Bund und Länder,
(Lachen des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU)
und das ist keinerlei Eingriff in die Landeshoheit bei der Krankenhausplanung. Das wäre ein großes Missverständnis.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich komme zurück zu meiner Rede und sage: Mit der Einführung der Fallpauschalen sollte einst die Qualitätssicherung ausgebaut werden, um Fehlanreizen zur möglichst kostenarmen Leistungserbringung entgegenzuwirken. Leider ist das nur völlig unzureichend erfolgt. Beim Schlaganfall zum Beispiel haben die Ärztinnen und Ärzte in Eigenregie ein Verfahren aufgebaut. An dem Beispiel kann man an den 25 Jahren der Qualitätssicherung beim Schlaganfall gut sehen, wie Qualitätssicherung tatsächlich zur Verbesserung von Versorgung beiträgt. Durch bessere Qualität – und wir haben heute schon gute Qualität in unseren Krankenhäusern; Vorredner sagten es bereits – kann ein selbstständiges Leben, etwa nach einem Schlaganfall, ermöglicht werden. Neu und sehr wichtig sind auch die Daten zur ärztlichen Besetzung. Hier wird jetzt, wie bei den Pflegekräften, endlich Transparenz geschaffen. Ich plädiere dafür, zukünftig Standards auch in der ärztlichen Besetzung einzuführen; denn gute Versorgung kann auf Dauer nie in unterbesetzten Abteilungen gelingen. Für die anstehende Krankenhausreform ist die Erhebung der Daten zur ärztlichen Besetzung enorm wichtig. Sie ist geradezu essenziell und einer der wesentlichen Gründe – um es hier noch mal zu sagen –, warum wir dieses Transparenzgesetz jetzt der Krankenhausreform vorschalten. Jetzt zunächst Transparenz zu schaffen, ist ein ganz wichtiger Schritt in diese Richtung, und er hilft den Bürgerinnen und Bürgern.
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz: Kommen Sie bitte zum Schluss.
Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fazit: Das Transparenzgesetz stellt einen wirklich wichtigen Aufschlag dar. Es trägt bei zu mehr Verlässlichkeit, Durchsichtigkeit, Qualität und damit zu mehr Vertrauen. Ich freue mich jetzt auf den Fortgang der Beratung dieses wichtigen Gesetzes. Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)